© Solothurner Zeitung / NMZ; 2001-12-01; Seite 14a - Region
SO
Wieder mehr Zeit für Film und Theater
Gestern war der offiziell letzte Arbeitstag von
Helmuth Zipperlen, den SZ-Lesern vor allem als Filmkritiker
bekannt. Zipperlen leitete seit 1968 die kantonale Abteilung für
Kirchenwesen, der Scharnierstelle zwischen Kirche und Staat, wie
er diese Amtsstelle gerne selbst bezeichnet.
Fränzi Rütti-Saner
Helmuth Zipperlen wird nachdenklich, wenn man ihn in diesen Tagen
nach seinem Befinden fragt. «Die Pensionierung bedeutet eine
eigentliche Zäsur», sagt er dann und präzisiert: «Es ist
nicht das Problem, die Arbeit aufzugeben. Beschäftigung habe ich
genügend. Als Pensionierter muss man aber einen neuen
Lebensrhythmus finden. Die Tagesstruktur wird sich verändern.»
Zipperlen, den Lesern der «Solothurner Zeitung» vor allem auch
als Filmkritiker bekannt, beendete gestern Freitag seine Arbeit
in der Abteilung Kirchenwesen, welche seit vielen Jahren ins
Departement für Bildung und Kultur integriert ist. Zwischen den
Büros des Amtes für Volksschule und Kindergarten, an der St.
Urbengasse in Solothurn hatte er sein Domizil. Seit 1968, also
ganze 33 Jahre lang war es Zipperlens Aufgabe, eine «Scharnierfunktion
zwischen Kirche und Staat» auszuüben.
Vorsprechen vor Ellen Widmann
Helmuth Zipperlen wuchs in Gretzenbach auf. Bei der Bally in Schönenwerd
absolvierte er eine kaufmännische Ausbildung und kam 1959 als
Direktionsassistent ans Städtebundtheater nach Solothurn. «Theater
und später Film haben mich immer interessiert». So sehr, dass
er, nach einigen Auftritten am Städtebundtheater, gar die
Aufnahme in eine Schauspielschule in Erwägung zog. «Ich habe
vor Ellen Widmann vorsprechen müssen. Sie meinte, als Komiker wäre
ich gut. Damit war für mich das Kapitel beendet», erzählt
Zipperlen lachend. So habe er sich aufs Laientheater verlegt.
Seit den frühen sechziger Jahren interessierte Zipperlen das
Kino immer mehr. «Ich erinnere mich, dass ich mich 1965 in einem
Leserbrief an die «Solothurner Zeitung» über die damaligen
Filmkritiken ärgerte. Da bekam ich zur Antwort: Mach es doch
selbst.» Seither schreibt er als Mitglied des Verbandes
Schweizerischer Filmjournalisten regelmässig über das regionale
Kinoprogramm.
Aufgaben
Das Arbeitsvolumen in der Abteilung Kirchenwesen hat in der
Vergangenheit stets abgenommen, sagt Zipperlen. «Seit der neuen
Kantonsverfassung wurde das Arbeitspensum kleiner.» Er erwähnt,
dass heute die Pfarrer nicht mehr vom Regierungsrat in ihrer Wahl
bestätigt werden. Nur wenn es sich um reformierte Pfarrer ausländischer
Herkunft handelt, muss der Regierungsrat und damit Zipperlens
Abteilung mitarbeiten. Zipperlen führte bis anhin die Rechnung
der Diözesanstände des Bistums Basel und ist damit für die
Verwaltung der Gelder der zehn beteiligten Kantone zuständig.
Zudem hatte er von Amtes wegen Einsitz in den beiden
Pensionskassen der solothurnischen Pfarrer. In seiner Abteilung
gab es auch hektische Zeiten. «Vor, während und nach der
Abstimmung zur evangelisch-reformierte Kantonalkirche diesen Juni
habe ich einen regelrechten Sturm überwinden müssen.»
Zipperlen hat nach der Abstimmung oft als Vermittler zwischen den
Lagern «agiert». Für ihn nichts Neues. Bereits 1984, nach der
ersten Abstimmung, gingen die Emotionen hoch. «Damals musste
Regierungsrat Fritz Schneider die Wogen glätten»
Kantonalkirche gestorben
Er sei froh, so meint er, dass nach der Abstimmung Anstrengungen
unternommen wurden, den Verband der Evangelisch-reformierten
Synodalkirchen nicht überstürzt aufzulösen. «Heute sieht es
so aus, dass bis 2002 eine Auflösung in Betracht gezogen wird
und durch ein kleineres Gremium ersetzt wird, welches die
kantonalen Anliegen vertritt.» Der Grund sei klar: «Ohne
kantonales Gremium gibt es keinen Finanzausgleich.» «Es ist
gut, dass die Verhältnisse jetzt klar sind», meint er
abschliessend zum Ergebnis der beiden Abstimmungen. «Das Thema
Kantonalkirche ist meiner Meinung nach für längere Zeit
gestorben.» Mit den katholischen Würdenträgern, zunächst eine
unbekannte Welt für ihn, hat Zipperlen im Laufe seines
Berufslebens immer ein gutes Verhältnis gehabt, wie er sagt. «Man
hat mich nie spüren lassen, dass ich protestantisch bin».
Zipperlens Nachfolger wird Dieter Altenburger, bisher als Jurist
für die Abteilung Kirchenwesen zuständig. Langweilig wird es
Helmuth Zipperlen nach seiner Pensionierung nicht. Stadtführungen,
Waldeggführungen, Zeughausführungen und die Filmkritiken werden
ihn auf Trab halten. «Nur eben, wie das alles strukturieren?»
Eine Frage, die Zipperlen in den nächsten Monaten bestimmt
beantworten kann.