Solothurner Zeitung/NMZ 20-Mär-2001, 09:28
Widerstand gegen die Gründung einer reformierten Kantonalkirche
Das Projekt einer evangelisch-reformierten Kantonalkirche hat nicht nur Freunde, das war bekannt. Erstmals aber formiert sich die Opposition auch öffentlich: Als Arbeitsgemeinschaft «Offene Kircheninformation Solothurn».
Die acht reformierten Kirchgemeinden im oberen Teil des Kantons entscheiden am 10. Juni, ob sie sich von der Berner Kirche lösen und zur Kantonalkirche Solothurn gehören wollen. Die Offene Kircheninformation Solothurn «OK SO» in welcher Chargierte aus fünf der acht Kirchgemeinden vertreten sind, wendet sich offen gegen das Trennungsvorhaben von Bern. «OK SO» fürchtet, dass bei gleichen Aufwendungen ein erheblicher Leistungsabbau zu befürchten sei. Weiter sagt die Arbeitsgemeinschaft, die Beziehungen der Kirchgemeinden im oberen Kantonsteil zu Bern seien über Jahrhunderte gewachsen. Es sei nicht klar, warum sie nun abgeschnitten werden sollten.
Zur Erinnerung: Die reformierte Kirche im unteren Teil des Kantons Solothurn und im Schwarzbubenland ist im Verband der Evangelisch-reformierten Synoden des Kantons Solothurn zusammengeschlossen. 1984 war ein erster Anlauf zu einem gemeinsamen Dach für die reformierte Kirche im ganzen Kanton gescheitert.
Tendenziös und halbwahr?
Dass «OK SO» just in diesen Tagen auf den Plan tritt, ist
nicht Zufall. Gestern Abend nämlich, an der Verbandsversammlung
der Evangelisch-reformierten Synoden des Kantons Solothurn, legte
deren Präsident Samuel Feldges den Jahresbericht vor. Ein
Bericht, so «OK SO», der tendenziös abgefasst sei und viele
Halbwahrheiten enthalte, die einer Richtigstellung bedürften. «Auf
die einzelnen Punkte einzugehen, würde eine umfangreiche
Dokumentation nötig machen», heissts in der Mitteilung bissig,
welche von Christoph Knoch, Pfarrer in Langendorf, gezeichnet ist.
Darin wirft er Feldges unter anderem vor, er zitiere Jakob Frey,
juristischer Mitarbeiter des Synodalrates Bern, nur ungenügend.
Er stellt grundsätzlich die Frage, dass es problematisch sei,
wenn der Präsident des Verbandes, welcher von der Regierung mit
der Durchführung der Abstimmung beauftragt worden sei, als
Partei auftrete. Auch sei es demokratisch fragwürdig, wenn im
Papier «Wie weiter?» der Projektverantwortlichen bereits
vorweggenommen werde, wie die demokratischen Entscheide in
Zukunft ausfallen würden. «Und es ist stossend, wie der Teufel
an die Wand gemalt wird, obwohl es taugliche Alternativen gibt
auch nach einem Scheitern des Projektes Kirchendach».
Durch eine «Konsultativabstimmung» sei der Eindruck erweckt
worden, als ob die Basis miteinbezogen sei. In Tat und Wahrheit
aber hätten die Gremien über die Köpfe der Basis hinweg
gearbeitet. «Andersdenkende», so die Offene Kircheninformation,
«hatten ihre liebe Mühe, sich in den Prozess einzubringen.»
Feldges: «Ideale Symbiose»
Dass man kritische Stimmen unterdrücke, lässt Samuel Feldges
nicht gelten. «Es ist ja nicht üblich, dass man in einer
Abstimmungsbotschaft auch die Gegner zu Wort kommen lässt, wie
wir das tun.» Natürlich, er sei Partei. Doch die Durchführung
der Abstimmung sei mit der Staatskanzlei abgesprochen. Und der
Vorwurf, ein erheblicher Leistungsabbau stehe ins Haus? Eine
Arbeitsgruppe habe «schriftlich bestätigt, dass wir unsere
Leistungen weiter werden erbringen können.» Eigentlich, so
Feldges, wäre es doch eine ideale Symbiose: Im unteren
Kantonsteil hätten sie die finanziellen, im oberen die
personellen Mittel. Und die Kritik, die Beziehungen der
Kirchgemeinden zu Bern würden gekappt? «Ich vergleiche es mit
einem Kind, das erwachsen wird und Verantwortung übernimmt. Das
muss doch nicht im Streit enden.»
nik
Erschienen in S Z am 21-Mär-2001 auf der Seite Kanton
Solothurn