© Solothurner Zeitung / NMZ; 2001-05-18; Seite 14a (LeBuWa)
Schlagabtausch zwischen Befürwortern und Gegnern der Kantonalkirche
Warum strebt die reformierte Kirche im Kanton
Solothurn eine kantonale Kirche an? Samuel Lutz und Samuel
Feldges referierten in der Kirche Langendorf - der Organisator
erhoffte sich mehr Interessierte.
Catharina Jlardo
Die reformierte Kirche sucht im Kanton Solothurn eine neue
Reformation. In den vergangenen Informationsanlässen entstanden
heftige Diskussionen, die Gemüter wurden angeregt. Ein offenes
Gespräch erhoffte sich Christoph Knoch am Informationsabend in
der reformierten Kirche in Langendorf. Die Anzahl der Besucher
deutete auf eine geschlossene Gesellschaft hin. «Ich habe mehr
Interesse der Bevölkerung erwartet», zog der Veranstalter enttäuscht
Bilanz. Enttäuscht wurden auch die Erwartungen auf ein
Streitgespräch. Einigkeit herrschte bei den beiden Referenten,
Samuel Lutz, Präsident des Synodalrates Bern-Jura und Samuel
Feldges, Präsident des Verbandes der evangelisch-reformierten
Synode im Kanton Solothurn.
Alte Strukturen verhindern schnelle Entscheidungen
Warum soll eine neue Organisation aufgebaut werden, wenn die alte
funktioniert? «Weil die alten Strukturen schnelle Entscheidungen
verhindern und die Arbeiten unnötig erschweren», äusserte sich
Samuel Feldges. Zudem plädiert er für eine offene, einfache
Kirche. Der Fachreferent, Samuel Lutz stimmte mit der Meinung
seines Namensvetters überein und konkretisierte: «Identität
entsteht durch Bewegung, die Kirche sollte nicht stehen bleiben
damit eine kompetente Präsenz der Kirche gelebt werden kann.»
Die Parole lautete von beiden Seiten: «Wir suchen einen Weg die
Zukunft des Protestantismus zu fördern.
Was gibt es da entgegenzuhalten? Ruedi Pfister vom OK SO (Offene
Kircheninformation Solothurn) bestreitet die Erwähnung, dass die
Zusammenlegung keine Steuererhöhung stattfindet. «Die
Ausbildungszulagen vom Kanton Bern entfallen und die Kosten
werden auf die Gemeinden abgewälzt», begründete er seine Einwände.
Walter Brülisauer konterte mit dem Vermerk, dass eine konkrete
Antwort von Berner Seite immer noch ausstehe, für was jährlich
200 000 Franken benötigt werden. Pfarrer Locher aus Oberwil
konnte diesen Vorwurf nicht stehen lassen und vermeldete, dass
nur wenige kleine Quittungen nicht vorhanden seien und die
Rechnung könne eingesehen werden.
«Nur wirtschaftliche Fusion»
Walter Brülisauer stellte die Anschuldigung in den Raum, dass
die deklarierte Zusammenlegung zu einer kantonalen Kirche nach
einer wirtschaftlichen Fusion, folglich einer finanziellen
Abspeckung trachte. Samuel Feldges versprach dass auch mit der
entschlackten Organisationsform (zirka 80 Funktionen weniger)
keine Entlassungen oder zusätzlichen Kosten bei einer kantonalen
Kirchenstruktur erfolgen würden, hielt aber fest, dass bei einem
Teilzusammenschluss die Schlussrechnung anders aussehen könnte,
wenn nicht mit dem kantonalen Budget gerechnet werden können.
Sollte die kantonale Kirche nicht gewählt werden, sei die
Wahrscheinlichkeit gross, dass sich das Schwarzbubenland mit den
baselländischen Reformierten zusammenlege, der östliche
Kantonsteil liebäugelt mit dem Kanton Aargau und der Bucheggberg
sei Bern orientiert. Diese Möglichkeit ziehen Samuel Feldges und
Samuel Lutz in Betracht, möchten jedoch von einer Aufsplittung
des Kantons Solothurn absehen.
Die positiven Seiten einer kantonalen Kirche sehen alle
Beteiligten in einer repräsentativen Vertretung gegenüber dem
Staat und der Öffentlichkeit. Eine kantonale Kirche lasse die
Reformierten zu einem gleichberechtigten Partnern gegenüber
anderen Religionsvertretern erscheinen. Walter Brülisauer
stellte die Solidarität der Solothurner in Frage und Samuel Lutz
erwähnte stolz, «wir werten Meinungsverschiedenheit nicht mit
Solidarität.» Zum Abschluss plädierte Samuel Lutz: «Wir
brauchen eine Kirche mit Zukunftsmut, wie die aussehen soll,
bestimmen die Wähler, handelt mit klarem reformiertem Geist und
offenen Gedanken.» Veronika Thurneysen, pensionierte Pfarrerin
von Solothurn kann dem nur zustimmen und fasst zusammen: «Wir
sind reif für eine kantonale Kirche.»
Erschienen in S Z am 18-Mai-2001 auf der Seite LeBuWa