© Solothurner Zeitung / NMZ; 2001-05-12; Seite 12a (Kanton SO)
Am 10. Juni stimmen die Reformierten über die Gründung
einer Kantonalkirche ab. Zwei Mitglieder der Bezirkssynode haben
beim Regierungsrat eine Beschwerde zur Abstimmungsbotschaft
eingereicht und wieder zurückgezogen.
Das Projekt Kantonalkirche ist in den letzten Wochen vor allem im
oberen Kantonsteil zunehmend kritisiert worden. Die von der
Arbeitsgruppe «Offene Kircheninformation Solothurn - OKSO» geäusserten
Vorbehalte betreffen den geplanten Einsatz der knappen Finanzen
und damit die Leistungsfähigkeit der geplanten Kantonalkirche.
Nun ist auch aus den Reihen der Mitglieder der Bezirkssynode
Widerspruch laut geworden, wie OKSO mitteilt.
Der Konflikt habe sich an der Haltung des Präsidenten der
Bezirkssynode Max Misteli, einem Verfechter der neuen
Kantonalkirche, entzündet. Die Mehrheit der Bezirkssynodalen sei
aber gegen das Projekt. Durch formaljuristisches Taktieren und
Verzögern, habe es Max Misteli erreicht, so OKSO, eine
demokratisch legitimierte Stellungnahme der Bezirkssynode zur
Abstimmungsvorlage zu verhindern.
Vor kurzem sind die Bezirkssynodalen mit ihrem Protest gegen
dieses Verhalten des Präsidenten an die Öffentlichkeit gegangen.
Die beim Regierungsrat Solothurn und dem Synodalrat Bern
eingereichte Beschwerde zweier Bezirkssynodaler wurde nach einem
längeren Gespräch mit Konrad Schwaller, Staatsschreiber und
dessen Stellvertreterin, Yolanda Studer, wieder zurückgezogen.
Formale Mängel
Anlass für den Rückzug war, dass der Beschwerdegrund aus
formalen Gründen nicht ausreichend war. Bemängelt wurde die in
der Botschaft enthaltene Formulierung, dass «eine Mehrheit der
Bezirkssynode Solothurn» die Meinung vertrete, dass «die
Solidarität mit allen Reformierten im Kanton Solothurn die
wesentliche Grundlage zur Schaffung der Kantonalkirche darstellt,
ohne die guten Beziehungen zur Reformierten Berner Kirche in
Frage zu stellen». Das, so die Beschwerdeschrift, erwecke bei
den Stimmberechtigten den irreführenden Eindruck, dass die
Bezirkssynode als Ganzes die Vorlage zur Kantonalkirche unterstütze.
Die beiden Bezirkssynodalen bedauern in der Beschwerde ausdrücklich,
dass es im Vorfeld einer kirchlichen Abstimmung zu derartigen
Auseinandersetzungen kommen konnte. Sie fühlen sich aber
legitimiert, weil die Bezirkssynode direkt betroffen ist.
mgt, uby
Erschienen in S Z am 12-Mai-2001