© Solothurner Zeitung / NMZ; 2001-05-12; Seite 15b (LeBuWa)
Auch im «Buechibärg» diskutiert man über die reformierte Kantonalkirche
Mit einem Bein in Bern, mit dem andern in Solothurn. Die Meinungen zum Projekt «Kirchendach» gehen im «Buechibärg» auseinander. Der Informationsabend in der Mehrzweckhalle Lüterswil war von Emotionen geprägt.
Céline Fraefel
Waren es am Vortag in Biberist «Äpfel und Birnen», so
sprach Walter Brülisauer in Lüterswil von «Chrut u Rüebe» im
Finanzkorb der Kantonalkirche. Der Abend verlief jedoch nicht «Chrut
u Rüebe» durcheinander. Nach einer musikalischen Begrüssung
durch die Musikgesellschaft Lüterswil, gab Gesprächsleiter
Peter Thomet den Referenten des Wort und ermahnte sie, das zur
Verfügung stehende Zeitbudget einzuhalten. Nach dem Prinzip «Achtung,
fertig, los» hatte sowohl die Pro- als auch die Kontraseite acht
Minuten Zeit ihre Argumente vorzustellen.
Also los
«Die Kirche ist Kantonalsache, so steht es in der
Bundesverfassung,» begannen die Fürsprecher Brülisauer und
Feldges ihre Präsentation. Die heutigen Strukturen mit drei
kirchlichen Organisationen im Kanton, sind ihrer Meinung nach zu
kompliziert. «Wir wollen eine Struktur mit Zukunft, flach und
unkompliziert.» Samuel Feldges empfindet es als mühsam, bei
jeder Entscheidung den Kontakt mit drei Gesprächspartnern zu
suchen. Er ist überzeugt, dass eine Kantonalkirche die
Zusammenarbeit erleichtert. «Solothurn ist nicht im Synodalrat
in Bern vertreten, obwohl acht Kirchgemeinden zur reformierten
Kirche Bern/Jura gehören. Das ist ein Affront! » findet Brülisauer.
Der Opponent Andreas Zeller begann mit einer «Liebeserklärung»
an Solothurn: «Wir haben eine lange gemeinsame Geschichte.
Solothurn ist ein vollwertiger Partner. In Bern respektiert man
die Autonomie der Kirchgemeinden, würde aber jeden Austritt von
ganzem Herzen bedauern.» Hannes Studer ist die Finanzierung der
Kantonalkirche ein Dorn im Auge: «Die Solothurner haben ein zu
kleines Budget berechnet. Darunter werden die Dienstleistungen
leiden.» «In Bern will uns auch niemand sagen, wo das Geld aus
Solothurn hinfliesst. Das ist doch nicht rechtsstaatlich,» wirft
Brülisauer ein. Zeller behauptet aber, in Bern scheue man sich
nicht Zahlen auf den Tisch zu legen.
In einer offenen Diskussion stellte sich heraus, dass es den «Buechibärger
Froue u Manne» nicht nur um Finanzen geht. Vielmehr ist die
Entscheidung eine Frage des Herzens. Die Zugehörigkeit zu Bern
hat Tradition. Kantonsrat Theodor Kocher (Schnottwil) erntete
Applaus mit den Worten: «Wir leben in vielen Bereichen über die
Kantonsgrenze hinaus. Das macht den «Buechibärg» einzigartig.»
Ein Mann steht auf: «Früher war es nötig zu Bern zu gehören.
Heute aber gibt es so viele Reformierte in Solothurn, dass eine
Kantonalkirche Sinn macht.» Kantonsrätin Anne-Käthi Schluep (Schnottwil)
pflichtet ihm bei: «Wir müssen auf religiöser Ebene mit dem
Kanton zusammenarbeiten.» Ein weiterer Gegner meldet sich zu
Wort: «Wir haben gute Erfahrungen gemacht mit Bern. Wieso sollen
wir das aufgeben?» «Wo bleibt denn die Solidarität zu
Solothurn?» will eine Frau wissen. Die Meinungen gehen
auseinander. Das war schon in der Konsultativabstimmung 1999
nicht anders. Messen und Oberwil stimmten gegen die
Verfassungssynode, Aetigkofen und Lüsslingen dafür. Werner
Bleuer, Kirchgemeinde-Präsident Oberwil hofft nicht, dass es am
10. Juni zu einer Trennung des Bucheggbergs kommen wird. «Ihr
habt die Argumente beider Seiten gehört. Denkt darüber nach und
geht zur Urne!» appelliert er ans Volk.
Erschienen in S Z am 12-Mai-2001 auf der Seite LeBuWa