© Solothurner Zeitung / NMZ; 2001-05-11; Seite 17a (LeBuWa)
Informationsabend zum Projekt reformierte Kantonalkirche in Biberist-Gerlafingen
Strukturen, Leistungen und Finanzen einer Kantonalkirche; drei Themen die am Informationsabend zur Sprache kamen. Des Weiteren debattierten die vier Referenden über «Äpfel und Birnen», was schliesslich in einer Jongliernummer aufgenommen wurde.
Céline Fraefel
Die Kirchgemeinde Biberist-Gerlafingen ist Mitglied der «Bezirkssynode
Solothurn der reformierten Kirche Bern/Jura». In der
Konsultativabstimmung von 1999 sprach sich Biberist mit einer
Nein-Mehrheit gegen eine Kantonalkirche aus. Hat sich die
Einstellung gegenüber dem Projekt inzwischen geändert? «Das
Verhältnis zu den Bernern ist gut und beruht auf Tradition»,
sagt Hannes Studer, aktives Kirchenmitglied der Gemeinde und
Gegner der Kantonalkirche. «In Solothurn ist der «Kantönligeist»
immer noch ausgeprägt», bemängelt er. «Die Betonung von
kulturellen Einheiten ist wichtiger als eine kantonale Fusion.»
Hans Stricker, Präsident der vorberatenden Kommission
Verfassungssynode, empfindet die bisherige Struktur auf
reformierter Seite mit drei kirchlichen Organisationen als
kompliziert. «Aus drei mach eins», so sein zeit- und
kostensparender Vorschlag. Dieser Meinung ist auch der Journalist
Walter Brülisauer: «Die Reformierten sollen nicht auseinander
dividieren.» Die Lösung sieht er in einem «Kirchendach» mit
einer Synode, einem Kirchenrat und einer Verwaltung.
Leistung und Finanzierung
Die Kontrahenten beschäftigen vorallem Leistungsauftrag und
Finanzierung der Kantonalkirche. «Wir kennen die Qualität der
Berner Leistungen», sagt Studer. «Gleichwertiges ist von der
Kantonalkirche nicht zu erwarten. Das vorgesehene Aufwandbudget
beträgt die Hälfte von dem, was andere Kantonalkirchen
vergleichbarer Grösse verwenden. Für die Gemeinden wird es also
teurer.» «Leider kann die Kantonalkirche keine eigenen
Fachstellen anbieten. Wir bauen aber auf die Kooperation mit
anderen Kantonalkirchen», entgegnet Stricker. «Ausserdem kann
der Betrag von 25 000 Franken, der für den Einkauf nicht
definierter Leistungen zur Verfügung steht, auf 50 000-75 000
Franken erhöht werden. Die Budgetierung der Kantonalkirche ist
von einem Expertenteam untersucht und gutgeheissen worden.»
Äpfel oder Birnen
Für Brülisauer hinkt der Vergleich mit anderen Kantonalkirchen.
«Wir sollten uns einigen, ob wir nun Äpfel oder Birnen in den
Finanzkorb stecken.» Studer kontert: «Wir reden nicht von Äpfeln
und Birnen, sondern von Apfelsorten. Das gibt doch guten Most.»
Jongleur Lukas Weiss nimmt die Pointe auf, wirbelt zwei Bälle
und einen Apfel durch die Luft und fragt das Publikum: «Beissen
wir zu?» Er weiss aber: « Zum Jonglieren braucht es alle Bälle.»
Ähnlich äussert sich der Münsinger Pfarrer Andreas Zeller: «Kirche
heisst Zusammensein. Gestalten, nicht verwalten.» Stricker
nickt; fügt aber hinzu, dass ein Zusammenschluss Kraft für
besseres Gestalten gibt. Gewagt das Zitat von Martin Luther, das
Brülisauer als Schlusswort wählt: «Aus einem verzagten Arsch
kann nie ein fröhlicher Furz kommen.» Ein Raunen geht durch den
Saal.
Die Beiträge des Gospelchors Biberist lockerten die
Veranstaltung auf. Gastgeber Pfarrer C. Bürki beendete den Abend
mit den Worten:« Auf dass wir immer gemeinsam singen können.»
Anwesende Kirchgemeindemitglieder empfanden den Anlass als
informativ, wie sie auf Anfrage erklärten. Die meisten sind
jedoch unschlüssig, wie sie am 10. Juni abstimmen werden. Trotz
vieler Unklarheiten wurde die Gelegenheit in einer offenen
Diskussion Fragen zu stellen wenig genutzt.
Die Referenten, wie auch die Zuhörer erfreuten sich an der
Showeinlage des Jongleurs Lukas Weiss.
Erschienen in S Z am 11-Mai-2001 auf der Seite LeBuWa