© Solothurner Zeitung / NMZ; 2001-06-02; Seite 29a - Leserseite
Dass auch den Mitgliedern des Solothurner Kirchgemeinderates
das Recht auf freie Meinungsäusserung zusteht, ist für mich
selbstverständlich. Und dass sich die Mehrheit dieses Gremiums
auf Grund der traditionellen Beziehungen zur Berner Kirche für
die Beibehaltung des bisherigen Zustandes ausspricht, muss ich
akzeptieren. Hingegen stört es mich massiv, dass die Ausgabe vom
Juni des Kirchgemeindeblattes für einseitige
Abstimmungspropaganda verwendet wird. Wenn im Textteil mit
grossen Lettern die Ablehnung der Kantonalkirche empfohlen wird,
so hätte auch den Befürworten nochmals ebenso viel Platz für
ihre Argumente eingeräumt werden müssen. Das Für und Wider
eine Kantonalkirche wurde in der Ausgabe vom Mai in fairer Weise
abgehandelt. Einseitig und kurz vor der Abstimmung nochmals gegen
eine Kantonalkirche zu votieren, empfinde ich als unfair.
Geradezu unhaltbar ist es, wenn der Kirchgemeinderat dem
Kirchenblatt noch einen gesonderten Abstimmungsprospekt beilegt,
mit dem er die Vorlage bekämpft. Damit nutzt er seine Position
missbräuchlich aus, indem er das Kirchenblatt zum Versand von
Propagandamaterial verwendet und damit natürlich erhebliche
Portokosten einspart. Kosten, welche vom Aktionskomitee «Ja zur
Kantonalkirche» selber getragen werden müssen. Offen bleibt
zudem die Frage, mit welchen Mitteln der Abstimmungsprospekt
gegen die Kantonalkirche finanziert worden ist. Als ehemaliges
Mitglied des Kirchgemeinderates Solothurn und der
Kirchenkommission Unterer Leberberg teile ich die Meinung der Befürworter
einer Kantonalkirche. Die Zeit ist reif für eine bessere Lösung!
Christa Lüdi, Riedholz
In jeder der monatlichen Sitzungen des reformierten
Pfarrkreisrates Kriegstetten müssen vier bis sechs
Kirchenaustritte behandelt werden. Begründet werden diese
Entscheidungen meistens mit finanziellen Überlegungen und
Desinteresse an der Kirche. Was soll dann da noch ein teures
Extrakirchendach, wenn die steuerzahlenden Kirchenmitglieder in
Scharen davonlaufen? Wer bezahlt das überflüssige Projekt
zuletzt?
Emmi Stuber, Lohn
Am Pfingstsonntag geht die Kollekte in der Solothurner Kirche
an die «Neue Mittelschule Bern». Weshalb sammeln wir in
Solothurn für eine Berner Schule? Bern ist weder
Entwicklungsland noch Missionsgebiet. Deshalb bin ich für eine
Trennung von der Berner Kirche und für die Gründung einer
Solothurner Kantonalkirche.
Elisabeth Egger, Solothurn
Vor vier Jahren noch erklärte sich die Kirche im Kanton
Solothurn aus finanziellen und personellen Gründen als nicht
lebensfähig, darum ihr Interesse am Zusammenschluss mit den
Kirchgemeinden im obern Kantonsteil. Ich machte damals als
Synodale der Kirchen Bern-Jura den Vorschlag, die solothurnische
Kirche aufzulösen und der reformierten Berner Kirche
anzuschliessen. Vorteile: Eine Kirchenleitung wäre weniger zu
finanzieren, die Einheit der Solothurner Reformierten wäre wie
die Reformierte Kirche Jura in einem Sonderstatut gewahrt, und
vor allem: Eine Handvoll Theologen würde für die gegenwärtig
wichtigste Arbeit frei, für die Seelsorge. Das schätzen ja die
Menschen, wenn ein Pfarrer für sie Zeit hat. Mein Votum wurde
damals mit Verachtung gestraft.
Bruno Stuber, Lohn