© Solothurner Zeitung / NMZ; 2001-02-02; Seite 13a
Experten erachten Reformiertes Kirchenprojekt als lebensfähig
Die Schaffung einer Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons Solothurn führt nicht in ein finanzielles Abenteuer. Dies geht aus einem Expertenbericht hervor. Die Abstimmung über das Vorhaben findet am 10. Juni 2001 statt.
Walter Brülisauer
Im Vorfeld der Abstimmung über die Schaffung einer
evangelisch-reformierten Kantonalkirche ist ein Expertenbericht
über die finanziellen Belange erstellt worden. Im Rahmen einer
Medienkonferenz wurde am Donnerstag über die Ergebnisse
informiert. Gegen das Projekt ist unter anderem auch wegen der
angeblichen «Nichtfinanzierbarkeit» Opposition entstanden. Das
von der Vorbereitenden Spezialkommission der Verfassungssynode
erarbeitete Budget einer Kantonalkirche ist deshalb von einem
Expertenteam unter die Lupe genommen worden, ergänzt mit einem
ausführlichen Leistungsauftrag einer zukünftigen
kantonalkirchlichen Organisation.
Wie von Werner Berger, Egerkingen, Mitglied der
Spezialkommission, zu erfahren war, können mit dem budgetierten
Finanzbedarf von 1,965 Mio. Franken die im Leistungsauftrag
definierten Aufgaben finanziert werden. Zu dieser
Schlussfolgerung seien die Experten nach gründlicher Prüfung
des Budgets und des Leistungsauftrags gekommen.
Experten als «Glücksfall»
Dem Expertenteam gehörten an: Heinz Schürch, Direktor der Visura Solothurn, ehemaliger Präsident der Kirchgemeinde Biberist-Gerlafingen; Walter Nikles, Dozent für Rechnungswesen an der Fachhochschule Olten, Präsident der Kirchgemeinde Olten, und Dr. Gunnar Paulsson, Wirtschaftsberater, Solothurner Synodaler in der Berner Kirche, Mitglied der Verfassungssynode. Gemäss Ruedi Köhli, Grenchen, Mitglied der Spezialkommission, war dieses Team insofern ein Glücksfall, als alle drei Experten auch vertieften Einblick in die Tätigkeit einer Kirchgemeinde haben oder hatten.
Die bisherigen Finanzmittel müssen reichen
Dass die Finanzen erst jetzt vorgelegt werden konnten, hing,
wie Köhli in einer umfangreichen Dokumentation darlegte, damit
zusammen, dass es gesamtschweizerisch keine Vergleichszahlen gebe.
Umfragen in den Kantonalkirchen von Basel-Stadt, Graubünden, St.Gallen,
Schaffhausen und Thurgau hätten ergeben, dass ein «Vergleich
absolut nicht möglich ist». Einzig in den Teilbereichen Synode,
Synodalrat und Verwaltung gebe es gewisse Punkte, die zu
Vergleichszwecken herangezogen werden konnten.
Beim Erstellen des Budgets für eine Kantonalkirche habe man
sich, so Köhli weiter, zum Ziel gesetzt, dass die bisherigen
Finanzmittel ausreichen müssen. Wie in den Kirchgemeinden auch,
können nur über etwa zehn Prozent eines Budgets frei verfügt
werden. Der weitaus grössere Teil sei an verschiedene
Bestimmungen und Tätigkeiten gebunden.
Eine statt drei Institutionen
Derzeit übten drei verschiedene Institutionen die
Scharnierfunktion der Reformierten im Kanton Solothurn aus. Es
sind dies: Kirche im Kanton Solothurn (unterer Kantonsteil und
Schwarzbubenland), Bezirkssynode Solothurn (oberer Kantonsteil,
zugehörig zur Reformierten Kirche Bern-Jura) und der Verband der
reformierten Synoden des Kantons Solothurn. Dazu meinte Köhli,
es sei einleuchtend, dass bei einer Zusammenlegung von drei
bisherigen Organisationen Einsparungen im Bereich von Synode,
Synodalrat und Verwaltung möglich seien.
Andererseits sei man sich bewusst, dass andere Bereiche wie
Ausbildung und Öffentlichkeitsarbeit gestärkt werden müssten,
so dass man heute sagen könne, eine eigene Evangelisch-reformierte
Kantonalkirche komme weder billiger noch teurer zu stehen,
sondern sei gleich teuer wie die drei bisherigen Organisationen.
Bei der Abstimmung vom 10. Juni 2001 sollte es deshalb nur um
Fakten gehen.
Die Gründung einer eigenen Kantonalkirche heisse keinesfalls,
dass diese etwa gegen die Berner Kirche gerichtet sei. Man
arbeite ja bereits jetzt in Teilbereichen gut mit Bern zusammen.
«Wir sind uns bewusst, dass wir auch nach dem 10. Juni mit Bern
und anderen angrenzenden Kantonalkirchen zusammenarbeiten wollen»,
so Ruedi Köhli weiter. Aus diesem Grund werde die Solothurner
Kantonalkirche keine teuren Dienste und Ämter aufbauen und
betreiben, sondern ganz gezielt Dienste dort einkaufen, wo sie
bereits vorhanden und auf die Bedürfnisse der zukünftigen
Kantonalkirche zugeschnitten seien. Vernetzt denken und handeln müssten
auch die Kirchen.
Was kommt von Bern?
Mit Bezug auf das finanzielle Verhältnis Bezirkssynode
Solothurn/Reformierte Kirchen Bern-Jura erklärte Ruedi Köhli,
dass die acht Kirchgemeinden der Bezirkssynode Solothurn pro
Jahre 550 000 Franken nach Bern abliefern, und von verschiedener
Seite sei immer wieder gesagt worden, dass Solothurn im gleichen
Ausmass von Bern profitieren würde. Max Misteli, Präsident der
Bezirkssynode Solothurn, Aetingen, habe deshalb eine Umfrage bei
den Kirchgemeinden gestartet, um herauszufinden, wie viel Geld
von Bern in die acht Kirchgemeinden der Bezirkssynode zurückfliesse.
Nach Vorliegen des Ergebnisses, wobei sich die Kirchgemeinde
Solothurn an der Umfrage nicht beteiligt habe, sei man erstaunt
gewesen, «wie wenig konkret die bisher bezogenen Leistungen
beziffert werden konnten». Auch der Synodalrat in Bern könne
diese Leistungen nicht beziffern.
Die Verfassungssynode wird nun an ihrer letzten Sitzung vom 17.
Februar gemäss Traktandenliste vom «Finanzbedarf der
Kantonalkirche» Kenntnis nehmen.
Erschienen in S Z am 2-Feb-2001 auf der Seite Kanton
Solothurn