© Solothurner Zeitung / NMZ; 2001-06-01; Seite 55a - Leserseite
Der Kanton Solothurn ist vielgestaltig und weitverzweigt. Er
ist ein Kanton der Regionen, bildet aber eine Einheit. Die
Regierung dieses Kantons ist bestrebt, den Zusammenhalt innerhalb
der Regionen zu erhalten und zu fördern. Gleiches soll doch auch
für kirchliche Strukturen gelten! Dieser vielgestaltige und
weitverzweigte Kanton Solothurn braucht auch für die
Reformierten, die hier wohnen und leben, eine einzige kirchliche
Organisation, seien wir nun von der Herkunft her Berner, Zürcher,
Aargauer, Basellandschäftler, Baselstädter oder Schaffhauser.
Was zusammengehört, soll auch zusammenfinden. Ich fühle mich
mit allen Solothurnerinnen und Solothurnern, wohnen sie nun im
Bucheggberg, im Wasseramt, im Raum Olten, im Thal oder im
Schwarzbubenland auch als reformierter Christ verbunden, und ich
möchte mit ihnen allen Mitglied in einer einzigen Solothurner
Kantonalkirche sein, so wie ich zusammen mit vielen anderen
Menschen in diesem Kanton zusammenlebe.
Rolf Enggist, Vizepräsident reformierte Kirchgemeinde
Grenchen-Bettlach
Kaum zu glauben
Da stehen zwei Häuser älterer Bauart, welche zu einem
einzigen umgebaut werden sollen. Die Pläne für diesen Umbau
existieren schon seit Jahren, massstabsgetreu. Das Erstaunliche
an diesem Umbau ist jedoch, dass das Dach bereits fix und fertig
hergestellt und über die beiden Häuser gestülpt ist, sodass
diese Häuser über je ein eigenes und über ein gemeinsames Dach
verfügen. Damit nicht genug: Das eine der beiden Häuser ist
nicht freistehend, sondern lehnt sich - als Anbau - an ein grösseres
Gebäude an (im bernischen Nachbarkanton), von dem es ebenfalls
überdacht wird!
Die evangelisch-reformierte Kirche des obern Kantonsteils ist in
dieser Situation: Drei Dächer müssen unterhalten werden. Doppel-
oder Tripelspurigkeiten sind unvermeidlich! Ausserdem leben wir
in einer Kirche, in der wir, fern der Leitung, nur als «Anbau»
existieren. Mit einem Ja zur Kantonalkirche am 10. Juni helfen
Sie mit, die beiden Häuser unter einem Dach zu vereinen. Wir hätten
dann die Möglichkeit, eine lebendige und auch eine
verantwortungsvolle Kirche zu sein.
Agnes Vogt, Zuchwil
Realitätsfremd und rückwärtsgewandt
«Ein Ja zu Qualität und Vision», Leserbrief in der «Neuen
Mittelland Zeitung» vom 23. Mai.
Im Notfall 25 000 Franken für Qualität und Vision? Mit diesem lächerlichen
Budgetposten für den Bereich Bildung und Beratung Jugendarbeit
usw. beweisen die Macher des «Kirchendachs», dass sie all diese
Dienstleistungen gering schätzen. Frau Wüthrich als Katechetin
ist offenbar zufrieden, weil als einzige Stabsstelle der «Unterrichtsbeauftragte»
weitergeführt werden soll. Doch es ist eine Tatsache, dass
gerade die Berner Kirche wie auch alle anderen grösseren Kirchen
in den letzen Jahrzehnten mit ihren vielfältigen Angeboten viele
Menschen erreichen können, die nicht (mehr) am Sonntag morgen in
der Kirche anzutreffen sind. Sie schätzen diese Angebote und
halten nicht zuletzt deshalb weiterhin zur Kirche und bezahlen
ihre Kirchensteuern. Ich gehöre auch dazu, doch ich mag nicht
weiterhin gleich viel Kirchensteuern bezahlen und dabei auf all
diese Angebote verzichten. Wohin die Entwicklung geht, ist z.B.
bei der Schliessung der kaufmännischen Berufsschule im
Schwarzbubenland zu sehen. In Zukunft werden vermehrt
Wirtschaftsräume massgebend sein, und nicht mehr
jahrhundertealte politische Grenzen. Auch der Kanton Solothurn
muss sich in dieser Richtung Gedanken machen. Das heutige Gebilde
hat wirtschaftlich kaum Zukunft. Wenn sich die Verwalter der
reformierten Kirche nun dieser überholten Struktur anpassen
wollen, ist dies ein Schritt in die Vergangenheit und hat mit
Visionen überhaupt nichts zu tun. Kein Schritt in die
Vergangenheit! Deshalb stimme ich Nein zur Kantonalkirche.
Heinz Flück, Solothurn