BZ-Region Emme (Dienstag, 15. Mai 2001)
Kirchgemeinde Messen
Von einem Wechsel zu einer «reformierten Kirche des Kantons Solothurn» will man in Messen und den umliegenden Dörfern nichts wissen. Seit 450 Jahren gehören die Solothurner zur Berner Synode.
Monika Bachmann
Bald werden die Kirchgemeinden des solothurnischen
Bucheggbergs zur Urne gebeten. Eine Gruppe kirchlich engagierter
Personen will eine «Evangelisch-reformierte Kirche des Kantons
Solothurn» gründen. Betroffen sind acht Kirchgemeinden. Diese
liegen zwar im Einzugsbiet des Kantons Solothurn, sind aber dem
Synodalverband Bern-Jura angeschlossen. Das soll sich ändern.
Zwar gibt es bereits eine «Kirche im Kanton», doch darin sind
nur die Gemeinde aus dem unteren Amt vertreten, beispielsweise
das Wasseramt und Zuchwil. Von der Abstimmung am 10. Juni
betroffen sind die Kirchgemeinden Derendingen, Solothurn,
Biberist, Grenchen, Lüsslingen, Aetingen-Mühledorf, Oberwil und
Messen.
Tradition und Identität
Anna-Maria Guggisberg ist Kirchgemeindeschreiberin von Messen.
Auf das geplante Projekt angesprochen, zeigt sie sich skeptisch:
«Wir gehören seit über 450 Jahren zur Berner Kirche. Ein
Wechsel zu Solothurn ist für uns undenkar.» Die Stimmung
innerhalb der Bevölkerung wertet sie dementsprechend klar. «Wir
werden Nein sagen.» Der Bucheggberg habe im Kanton Solothurn
eine besondere Stellung. Die Gemeinden seien früh reformiert
worden, so dass eine Zugehörigkeit zu Bern unumgänglich war.
Heute identifiziert sich die Bevölkerung damit. Anna-Maria
Guggisberg macht auf einen wichtigen Aspekt aufmerksam: «Unter
den acht betroffenen Kirchgemeinden gibt es zwei, die sich
besonders stark wehren.» Sie spricht von Oberwil und von ihrer
eigenen Kirchgemeinde. Zu Messen und Oberwil zählen nämlich
nicht nur solothurnische, sondern auch bernische Gemeinden. In
Messen sind das Etzelkofen, Mülchi, Ruppoldsried und Scheunen.
Von Messen abspringen?
Gertrud Aeberhard ist Vizepräsidentin der Kirchgemeinde
Messen und wohnt in Mülchi. Auch für sie kommt ein Wechsel zu
Solothurn nicht in Frage: «Was sollen wir als Berner Gemeinde
bei der Solothurner Kirche?» Falls sich Messen tatsächlich für
Solothurn entscheidet, würde man in Mülchi einen anderen Weg
einschlagen, sagt sie. «Wir würden wahrscheinlich von Messen
abspringen.» Das könnte bedeuten, dass sich Mülchi dem
Nachbarn Limpach anschliesst und Etzelkofen die Nähe zur
Kirchgemeinde Grafenried sucht. Doch Gertrud Aeberhard denkt
nicht daran - mit gutem Grund: Eine Konsultativabstimmung ist mit
93 zu 0 Stimmen ausgegangen.
Die Kirchgemeindeschreiberin Anna-Maria Guggisberg weitet die
Frage auf andere Bereiche aus: «Überall um uns ist Bernbiet -
auch wirtschaftlich gibt es viele Anknüpfungspunkte.» Die
Freundschaft zu den Nachbarn sei zentral, so Guggisberg. Sie
weiss, wovon sie spricht, schliesslich ist sie in Messen geboren
und seit 24 Jahren im Amt. Und sie folgert: «Auch die Kirche ist
vor allem in der Region erlebbar.»
Die Initiantinnen und Initianten der Vorlage appellieren nun an
die Solidarität mit dem Kanton Solothurn. Guggisberg bringt dafür
Verständnis auf - und trotzdem. «Es geht nicht. Kopf und Bauch
sagen Nein.»
Die Autonomie entscheidet
Ob die sechs Kirchgemeinden, die ausschliesslich
solothurnische Gemeinden unter sich haben, dem Wechsel zustimmen
werden, weiss Guggisberg nicht. Es muss sie auch nicht kümmern,
denn für den Abstimmungsausgang ist allein die Gemeindeautonomie
massgebend. Theoretisch könnte Messen als einzige Kirchgemeinde
Nein stimmen und bei Bern bleiben. Doch das scheint
unwahrscheinlich. Guggisberg erinnert sich an eine Versammlung zu
diesem Thema: «Der Bucheggberg weiss wohl, wo er hingehört»,
habe man dort gemunkelt.
Erschienen in BZ am 15-Mai-2001